
Drei gängige Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung 1. Einwohnerantrag -Sie möchten erreichen, dass der Gemeinderat Ihres Wohnorts eine bestimmte Angelegenheit behandelt? Für Angelegenheiten aus dem Wirkungskreis der Gemeinde, für die der Gemeinderat zuständig ist (zum Beispiel der Erhalt eines Schwimmbads, die Errichtung eines Kindergartens), können Sie einen Einwohnerantrag schriftlich stellen. Es muss klar ersichtlich sein, welche Angelegenheit der Gemeinderat behandeln soll und warum Sie das wünschen.Es darf sich nicht um eine Angelegenheit handeln, in der innerhalb der letzten sechs Monate schon einmal ein Einwohnerantrag gestellt wurde. In Gemeinden mit bis zu 10.000 Einwohnern müssen mindestens drei Prozent aller unterschriftsberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner der Gemeinde (höchstens aber 200 Personen) den Einwohnerantrag mit ihrer Unterschrift unterstützen. In Gemeinden mit mehr als 10.000 Einwohnern müssen mindestens 1,5 Prozent der unterschriftsberechtigten Einwohnerinnen und Einwohner (aber mindestens 200 und höchstens 2.500 Personen) den Einwohnerantrag unterstützen. Unterschriftsberechtigt ist, wer im Zeitpunkt der Unterzeichnung mindestens 16 Jahre alt ist und seit mindestens drei Monate in der Gemeinde wohnt. Ausnahme: Richtet sich der Einwohnerantrag gegen einen Beschluss des Gemeinderats, müssen Sie ihn innerhalb von drei Monaten nach der Bekanntgabe dieses Beschlusses stellen. Sie können den Einwohnerantrag jederzeit stellen. Erforderliche Unterlagen sind -Einwohnerantrag mit Ziel und Begründung – Liste oder Einzelblätter mit den Unterschriften der Einwohnerinnen und Einwohner. Es entstehen keine Kosten für Sie. Sind alle Voraussetzungen erfüllt, wird die Angelegenheit innerhalb von drei Monaten nach Eingang des Einwohnerantrags im Gemeinderat behandelt. Gegen den Beschluss des Gemeinderates ist ein Widerspruch möglich.
Kein Einwohnerantrag ist möglich zu: allgemeinen politischen Fragen oder Problemen der Bundes- oder Landespolitik, Angelegenheiten, für die die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist, Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung, den Rechtsverhältnissen der Gemeinderäte, der Bürgermeisterin oder des Bürgermeisters und der Gemeindebediensteten, der Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie der Feststellung der Jahresabschlüsse, Kommunalabgaben, Tarifen und Entgelte, Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften mit Ausnahme des verfahrenseinleitenden Beschlusses, Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren, Angelegenheiten, für die schon ein gesetzlich bestimmtes Beteiligungs- oder Anhörungsverfahren stattgefunden hat.
2. Bürgerbegehren – Sie möchten erreichen, dass in Ihrer Gemeinde zu einer bestimmten Angelegenheit ein Bürgerentscheid durchgeführt wird, erreichen Sie das über das Bürgerbegehren. Die Voraussetzungen sind – Das Bürgerbegehren muss eindeutig formuliert sein, so dass der übereinstimmende Wille der unterzeichnenden Personen klar ersichtlich ist. Es muss Folgendes enthalten: die Frage, die im Bürgerentscheid gestellt werden soll, eine Begründung, einen durchführbaren Vorschlag für die Deckung der Kosten der verlangten Maßnahme, es darf sich nicht um eine Angelegenheit handeln, über die es innerhalb der letzten drei Jahre schon einen Bürgerentscheid aufgrund eines Bürgerbegehrens gegeben hat, es müssen mindestens sieben Prozent aller wahlberechtigten Bürgerinnen und Bürger der Gemeinde das Bürgerbegehren mit ihrer Unterschrift unterstützen. Der Gemeinderat prüft so bald wie möglich, spätestens aber innerhalb von zwei Monaten, ob das Bürgerbegehren zulässig ist.
Der Bürgerentscheid wird innerhalb von vier Monaten nach der Zulassungsentscheidung des Gemeinderats durchgeführt. Den genauen Tag legt der Gemeinderat fest. Der Bürgerentscheid entfällt, wenn der Gemeinderat zwischenzeitlich selbst die Durchführung der mit dem Bürgerbegehren verlangten Maßnahme beschließt.
Kein Bürgerbegehren möglich zu den Themen: Angelegenheiten, für die die Bürgermeisterin oder der Bürgermeister kraft Gesetzes zuständig ist, Fragen der inneren Organisation der Gemeindeverwaltung, die Rechtsverhältnisse der Gemeinderäte, der Bürgermeisterin oder des Bürgermeister und der Gemeindebediensteten, die Haushaltssatzung einschließlich der Wirtschaftspläne der Eigenbetriebe sowie die Feststellung der Jahresabschlüsse, Kommunalabgaben, Tarife und Entgelte, Bauleitpläne und örtliche Bauvorschriften mit Ausnahme des verfahrenseinleitenden Beschlusses, Entscheidungen in Rechtsmittelverfahren
3. Bürgerentscheid – Er ist das Resultat aus dem Bürgerbegehren. Mit einem Bürgerentscheid können Bürgerinnen und Bürger Angelegenheiten, für die ansonsten der Gemeinderat zuständig ist, selbst entscheiden. Bürgerentscheide können allerdings auch vom Gemeinderat selbst veranlaßt werden. Vor einem Bürgerentscheid werden die Bürgerinnen und Bürger über die Auffassung des Gemeinderats, des Bürgermeisters und gegebenenfalls der Vertrauenspersonen des Bürgerbegehrens zu dieser Angelegenheit informiert. Der Bürgerentscheid wird ähnlich wie eine Bürgermeisterwahl durchgeführt und findet an einem Sonntag statt. Die Frage auf dem Stimmzettel muss so formuliert sein, dass sie mit „Ja“ oder „Nein“ beantwortet werden kann.
Die gestellte Frage ist in dem Sinne entschieden, indem sie von der Mehrheit der gültigen Stimmen beantwortet wurde. Diese Mehrheit muss aber mindestens 20 Prozent aller Stimmberechtigten betragen („Quorum“).
Wird das Quorum nicht erreicht, entscheidet der Gemeinderat über die Angelegenheit. Ein Bürgerentscheid hat die Wirkung eines endgültigen Beschlusses des Gemeinderats. Er kann innerhalb von drei Jahren nur durch einen neuen Bürgerentscheid abgeändert werden.
Bürgerbeteiligung
Politik des Gehört werdens
Gerade in Baden-Württemberg hat das Thema Bürgerbeteiligung einen großen Stellenwert. Die Weiterentwicklung in Richtung auf ein Mehr an Bürgerbeteiligung soll die Verwaltungskultur positiv und innovativ beeinflussen. Bürger sollen die Möglichkeit haben, an politischen Entscheidungen und Planungsprozessen mitzuwirken. Das kann formell in Form von z.B. Bürgerentscheiden , Bürgerbegehren oder informell erfolgen. Die Beteiligungsmöglichkeiten sind vielfältig. Werden diese genutzt, kann Verwaltung und Politik keine Entscheidungen mehr im „stillen Kämmerlein“ treffen. Es liegt an uns, diese Instrumente auch aktiv zu nutzen.
An dieser Stelle wollen wir noch einmal auf die Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg (GemO) hinweisen, und stellen auszugsweise Paragrafen vor, die in der Praxis aber oft nicht die gebührende Beachtung finden.
§1(2) Die Gemeinde fördert in bürgerschaftlicher Selbstverwaltung das gemeinsame Wohl ihrer Einwohner und erfüllt die ihr von Land und Bund zugewiesenen Aufgaben.
§1(3) Die verantwortliche Teilnahme an der bürgerschaftlichen Verwaltung der Gemeinde ist Recht und Pflicht des Bürgers.
§20(1) Der Gemeinderat unterrichtet die Einwohner durch den Bürgermeister über die allgemein bedeutsamen Angelegenheiten der Gemeinde und sorgt für die Förderung des allgemeinen Interesses an der Verwaltung der Gemeinde.
§20(2) Bei wichtigen Planungen und Vorhaben der Gemeinde, die unmittelbar raum- oder entwicklungsbedeutsam sind oder das wirtschaftliche, soziale und kulturelle Wohl ihrer Einwohner nachhaltig berühren, sollen die Einwohner möglichst frühzeitig über die Grundlagen sowie die Ziele, Zwecke und Auswirkungen unterrichtet werden. Sofern dafür ein besonderes Bedürfnis besteht, soll den Einwohnern allgemein Gelegenheit zur Äußerung gegeben werden. Vorschriften über eine förmliche Beteiligung oder Anhörung bleiben unberührt.
§20a (1) Bürgerversammlung – Wichtige Gemeindeangelegenheiten sollen mit den Einwohnern erörtert werden. Zu diesem Zweck soll der Gemeinderat in der Regel einmal im Jahr, im Übrigen nach Bedarf eine Bürgerversammlung anberaumen.
§20(2) Der Gemeinderat hat eine Bürgerversammlung anzuberaumen, wenn dies von der Bürgerschaft beantragt wird. Der Antrag muss schriftlich eingereicht werden und die zu erörternden Angelegenheiten angeben, dabei findet § 3 a des Landesverwaltungsverfahrensgesetzes keine Anwendung; der Antrag darf nur Angelegenheiten angeben, die innerhalb des letzten Jahres nicht bereits Gegenstand einer Bürgerversammlung waren.
§32(3) Rechtsstellung der Gemeinderäte – Die Gemeinderäte entscheiden im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.
§33 (3) Mitwirkung im Gemeinderat – Der Gemeinderat kann sachkundige Einwohner und Sachverständige zu den Beratungen einzelner Angelegenheiten zuziehen.
§33 (4) Mitwirkung im Gemeinderat – Der Gemeinderat kann bei öffentlichen Sitzungen Einwohnern und den ihnen gleichgestellten Personen und Personenvereinigungen nach § 10 Abs. 3 und 4 die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten zu stellen oder Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten (Fragestunde); zu den Fragen nimmt der Vorsitzende Stellung. Der Gemeinderat kann betroffenen Personen und Personengruppen Gelegenheit geben, ihre Auffassung im Gemeinderat vorzutragen (Anhörung); das Gleiche gilt für die Ausschüsse.