Energiedialog angekündigt
10.04.2025
Der in der Gemeinderatssitzung am 10.04.2025 ausliegende Flyer, in der Form auch im aktuellen Gemeindeblatt abgedruckt, kündigt einen vom Forum Energiedialog moderierten Kommunalen Energiedialog an.
Erläuterung zum Forum Energiedialog
Das Forum Energiedialog, eine vom Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg bezahlte Initiative, hat zum Ziel, mehr Akzeptanz für die Energiewende und insbesondere für Windkraftprojekte zu schaffen
Wir nehmen eigentlich immer drei Positionen in unserer Bürgerinitiative ein, wenn wir uns mit Themen beschäftigen. Die Position des Lesers, der Bürgerinitiative und die Position der anderen Partei. Sofern Sie den Flyer nicht vorliegen oder gelesen haben, klicken auf den Button „Herunterladen“, lesen Sie diesen in Ruhe durch und vergleichen ihren Eindruck als Leser mit den Positionen, die wir nachstehend aufführen.
Wir haben nachträglich eine Gesprächsanfrage der Verfasser dieses Flyers zu einer Videokonferenz erhalten. Wie wir damit umgegangen sind und wie wir das begründen, finden Sie hier: Gesprächsanfrage – Unsere Antwort

Interpretation des Flyers aus unserer sicht
Als Bürgerinitiative sehen wir in dem Flyer zum „Energiedialog“ vor allem eines: ein typisches Beispiel für inszenierte Beteiligung, das mehr auf Imagepflege als auf ehrlichen Dialog abzielt.
Scheinpartizipation statt echter Mitwirkung
Der Flyer lädt zur Mitwirkung ein – aber es bleibt vollkommen unklar, worüber konkret diskutiert werden soll, welche Entscheidungen anstehen und in welchem Stadium sich diese befinden. Diese Unklarheit wirkt nicht zufällig, sondern strategisch: Wer unkonkret bleibt, kann Diskussionen kontrollieren und kritische Nachfragen vermeiden. Für uns ist das kein Dialog auf Augenhöhe, sondern ein Beteiligungsformat, das Vertrauen simuliert, ohne Verantwortung zu teilen.
Vorstrukturierter Prozess
Die Aussage „Zuerst wurden die Gemeinderäte umfassend informiert – jetzt ist die Bürgerschaft an der Reihe“ entlarvt das eigentliche, angestrebte Machtverhältnis: Die Weichen stellen wir. Die Bürger dürfen erst mitreden, nachdem die Entscheidungsräume längst eingegrenzt wurden. Das widerspricht dem Anspruch früher, transparenter und ergebnisoffener Beteiligung, wie sie von uns eingefordert wird.
Verharmlosende Zitate – Ignorieren statt diskutieren
Besonders problematisch ist das Zitat: „Wir hören die Windräder schon, aber man lernt die Geräusche zu ignorieren. Wichtig ist uns, nicht umzingelt zu werden.“
Hier wird die berechtigte Sorge vieler Anwohner über Auswirkungen und Lebensqualität heruntergespielt und individualisiert. Wer sich gestört fühlt, soll eben „lernen, zu ignorieren“. Und statt sachlich über Abstände und Belastungen zu sprechen, wird ein neues Narrativ gesetzt: Störung ist subjektiv, Widerstand irrational.
Natur als Projektionsfläche
Auch der Satz „Die Natur kennt kein richtig oder falsch – nur Möglichkeiten“ ist für uns ein Warnsignal. Natur wird hier nicht als Schutzgut gesehen, sondern als Raum, den man wahlweise bebauen, nutzen oder umdeuten kann – je nach Projektlage. Eine solche Sichtweise entzieht sich jeder ethischen, ökologischen oder ökonomischen Verantwortung.
Fazit aus unserer Sicht
Der Flyer ist kein neutraler Informationsflyer, sondern ein Instrument der Steuerung. Die Veranstaltung wirkt wie ein nachträgliches Akzeptanzmanagement für bereits anvisierte Energieprojekte. Es fehlen Transparenz, echte Diskussionsräume und vor allem die Bereitschaft, kritische Stimmen nicht nur zu hören, sondern sie als konstruktiven Teil demokratischer Prozesse zu verstehen.
Wir fordern: Wenn Bürgerbeteiligung ernst gemeint ist, dann muss sie frühzeitig, ergebnisoffen, konfliktfähig und verbindlich sein. Sonst bleibt sie ein Placebo – und genau das brauchen wir in der aktuellen Energiepolitik am wenigsten.
Mögliche Beweggründe des Flyers
1. Imagepflege und Legitimation
Ein zentrales Motiv dürfte der Wunsch sein, den Energieplanungsprozess als demokratisch legitimiert darzustellen. Bürgerbeteiligung genießt heute hohe gesellschaftliche Akzeptanz – wer sie sichtbar macht, kann seine Projekte nach außen als transparent und offen kommunizieren.
Der Flyer signalisiert: „Seht her, wir fragen die Menschen, wir sind dialogbereit.“ Ob dieser Dialog tatsächlich Einfluss auf Entscheidungen hat, steht auf einem anderen Blatt – entscheidend ist oft der Eindruck von Beteiligung, nicht unbedingt ihre Tiefe.
2. Konfliktentschärfung
Mit dem Energiedialog soll wahrscheinlich auch konfliktpräventiv gearbeitet werden. Indem man Bürge „einbindet“, versucht man, potenziellen Widerstand abzufedern.
Der Flyer vermeidet gezielt konkrete Informationen über geplante Maßnahmen – vermutlich, um keine Reibungspunkte zu benennen, die Widerstand provozieren könnten. Stattdessen setzt man auf allgemeine Zustimmung durch Suggestion positiv besetzter Begriffe wie „Zukunft“, „Mitgestaltung“ und „Nachhaltigkeit“.
3. Steuerung öffentlicher Wahrnehmung
Die Sprache des Flyers ist durchgehend freundlich, vereinfachend und suggestiv. Ziel scheint es zu sein, die Diskussion zu rahmen – also bestimmte Deutungen vorzugeben (z. B. „Energiezukunft gemeinsam gestalten“) und andere, wie etwa Kritik an konkreten Projekten oder Vorentscheidungen, auszuklammern.
4. Hierarchische Steuerung bei scheinbarer Offenheit
Der Flyer betont, dass zuerst die Gemeinderäte informiert wurden, nun die Bevölkerung folgen darf. Dies deutet auf eine Top-down-Strategie hin: Die Entscheidungsträger sollen vorbereitet und intern einig sein, bevor die Öffentlichkeit eingebunden wird. Die Beteiligung wird dadurch ein Schritt zur Akzeptanzsicherung, nicht zur echten Mitentscheidung.
5. Kommunikationspflicht und Erwartungsdruck
Die Kommunen stehen durch drohenden Protest unter wachsendem Druck, Beteiligungsformate anzubieten – sei es durch gesetzliche Vorgaben, gesellschaftliche Erwartungen oder drohenden Protest. Der Flyer erfüllt dabei auch die Funktion eines kommunikativen Pflichtnachweises: „Wir haben eingeladen. Wir haben informiert.“ Ob der Dialog dabei echte Folgen hat, bleibt zweitrangig.
Fazit: ein taktisches Kommunikationsinstrument
Aus unserer Sicht ist der Flyer ein Instrument strategischer Kommunikation: Er soll informieren, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Er soll Vertrauen schaffen, aber auf kontrolliertem Terrain. Und er soll Teilhabe nur suggerieren, ohne Entscheidungen aus der Hand zu geben.