Die Funktion des Gemeinderates
Entnommen dem Handbuch Kommunalpolitik 2024 der Landeszentrale für politische Bildung Baden-Württemberg
Der Gemeinderat ist nicht mit einem Parlament ( z.B. Bundestag oder Landtag ) zu vergleichen. Er ist vielmehr ein Verwaltungsorgan der Gemeinde. In seine Zuständigkeit fällt die Kontrolle der Gemeindeverwaltung. Der Gemeinderat ist zwar laut Gemeindeordnung das Hauptorgan der Kommune, tatsächlich sieht die kommunale Wirklichkeit anders aus. Zentraler Akteur ist der Bürgermeister. Die baden-württembergische Gemeindeordnung verleiht diesem Amt eine enorme Machtfülle. Dazu mehr auf der vorherigen Seite unter dem Punkt „Bürgermeister“.
Welche Aufgaben hat der Gemeinderat ?
Der Gemeinderat legt die Grundsätze für die Verwaltung fest, soweit nicht der Bürgermeister kraft Gesetz zuständig ist. Der Gemeinderat ist für die Kontrolle der Gemeindeverwaltung zuständig. Er muss den Vollzug von Gemeinderatsbeschlüssen überwachen und im Fall von Missständen für deren Beseitigung sorgen. Ihm steht das kommunale „Gesetzgebungsrecht“ zu. Er kann also Satzungen erlassen, die Ortsrecht darstellen und deren Geltungsbereich auf die Gemeinde beschränkt ist. Er hat das Etatrecht und verfügt damit über die Haushaltsmittel und deren Verwendung. Er verfügt über die Planungshoheit zu Planungen der Gemeindeentwicklung, zur Flächennutzung und Bebauung, sowie den Finanzplanungen. Die Personalhoheit gibt dem Gemeinderat die Zuständigkeit für die Einstellung, Beförderung und Entlassung von Bediensteten der Gemeinde.

GemO- Konkret werden die Rechte und Pflichten Gemeindeordnung des Landes Baden-Württemberg (GemO) geregelt. Ein Auszug daraus:
§ 32 Rechtsstellung der Gemeinderäte – (3) Die Gemeinderäte entscheiden im Rahmen der Gesetze nach ihrer freien, nur durch das öffentliche Wohl bestimmten Überzeugung. An Verpflichtungen und Aufträge, durch die diese Freiheit beschränkt wird, sind sie nicht gebunden.
§ 33 Mitwirkung im Gemeinderat – (4) Der Gemeinderat kann bei öffentlichen Sitzungen Einwohnern und den ihnen gleichgestellten Personen und Personenvereinigungen nach § 10 Abs. 3 und 4 die Möglichkeit einräumen, Fragen zu Gemeindeangelegenheiten zu stellen oder Anregungen und Vorschläge zu unterbreiten (Fragestunde); zu den Fragen nimmt der Vorsitzende Stellung. Der Gemeinderat kann betroffenen Personen und Personengruppen Gelegenheit geben, ihre Auffassung im Gemeinderat vorzutragen (Anhörung); das Gleiche gilt für die Ausschüsse. Das Nähere regelt die Geschäftsordnung.
Welchen Problemen stehen Gemeinderäte gegenüber?
Das erste Problem ist die allgemeine Erwartung, dass Gemeinderäte neutral und über allem stehend denken und entscheiden sollen. Sachgerechte und angemessene Lösungen für die Gemeinde zu treffen stößt zu dem schnell an seine Grenzen. Den „Laien- und Freizeitpolitikern“ steht der „Profi“ in Form des hauptamtlich tätigen Bürgermeisters gegenüber. Dieser besitzt zumeist einen Informationsvorsprung, kommt oft aus dem Verwaltungsrecht mit entsprechender Expertise und ist Chef eines Verwaltungsapparates, der ihm sachkundig zuarbeitet. Ehrenamtlich tätige Gemeinderäte sind da naturgemäß im Nachteil, zumal es sich häufig um Berufstätige handelt, die deshalb vielfach zeitlich überlastet sind. Aktenstudium und Vorbereitungen auf die abendlichen Sitzungen müssen in der Freizeit stattfinden. Bei den Vorlagen der Verwaltungen, über die abzustimmen ist, kommen die Mitglieder des Gemeinderats manchmal an die Grenzen und „segnen“ gelegentlich die Vorlagen ab. Bei einem durchschnittlichen Arbeitsaufwand von 35 Stunden im Monat in kleinen Kommunen, stellt dieser auch einen erheblichen Teil der verfügbaren Freizeit dar.
DER EIGENTLICHE ENTSCHEIDER ? In der Praxis ist in der Regel der Bürgermeister der entscheidende Faktor. weiterlesen
Der gemeinderat: „Laien- und Freizeitpolitiker“
Die Amtszeit des Gemeinderats beträgt fünf Jahre (§ 30 Abs. 1 GemO). Gemeinderäte werden in allgemeiner, unmittelbarer, freier, gleicher und geheimer Wahl durch die Bürgerinnen und Bürger gewählt (§ 26 Abs. 1 GemO). Die Besonderheit des baden-württembergischen Wahlsystems mit den Möglichkeiten des Kumulierens und Panaschierens, begünstigt Personen, die in der Gemeinde bekannt sind und über eine gute Reputation (Ansehen) verfügen: Handwerker, Selbstständige, Ärzte und Apotheker, Beamte und Angestellte. Die Wahlentscheidung orientiert sich an der Person der Kandidierenden: Man wählt diejenigen, die man kennt, die in der Gemeinde verwurzelt, die in Vereinen aktiv und vor Ort gut vernetzt sind. Auffällig ist, dass Arbeiter, jüngere Menschen und Frauen stark unterrepräsentiert sind.