Windkraft – Oberer Berg/Höllbühl
Was behauptet wird – Was Nachprüfbar ist
Die Diskussion um den geplanten Windkraftstandort Oberer Berg / Höllbühl wird in Seitingen-Oberflacht seit Monaten mit wiederkehrenden Aussagen geführt. Viele dieser Formulierungen sind unserer Meinung nach verkürzt, irreführend oder sachlich unzutreffend.
Wir, die Bürgerinitiative unserSO, haben einige Aussagen dokumentiert und unseren Einordnungen gegenübergestellt um zu dokumentieren, wie weit die aktuelle Kommunikation tatsächlich von der Realität abweicht.
Auf dieser Seite stellen wir diesen Widerspruch klar und strukturiert dar:
Wir glauben: Wer mitreden will, braucht Klarheit.
Hinweis zur Darstellung:
Die nachfolgenden Visualisierungen basieren auf öffentlich zugänglichen Informationen und Darstellungen, die im Rahmen des öffentlichen Dialog- und Informationsabends der Gemeinde Seitingen-Oberflacht am 27.06.2025 präsentiert oder thematisiert wurden. Die Darstellungen dienen der Veranschaulichung möglicher Planungsinhalte. Sie erheben keinen Anspruch auf Vollständigkeit oder Verbindlichkeit und stellen keine amtlichen Planunterlagen dar.

Möglicher Blick vom Standort Ringstraße:
Diese beispielhafte Darstellung zeigt eine modellhafte Visualisierung der potenziellen Windradstandorte aus der Perspektive der Ringstraße, basierend auf öffentlich diskutierten Planungsdaten vom 27.06.2025.

Kartendarstellung der potenziellen Standorte:
Diese schematische Karte zeigt die Lage der Windkraftanlagen auf Grundlage der Standorte, wie sie am 27.06.2025 von der Firma JUWI im Rahmen der öffentlichen Gemeindeveranstaltung dargestellt wurden. Die Darstellung dient ausschließlich der Veranschaulichung.

Grundstücksübersicht auf Basis öffentlich zugänglicher Informationen:
Die dargestellten Eigentumsverhältnisse wurden aus frei verfügbaren Quellen (z. B. digitalen Karten, kommunalen Dokumenten) zusammengetragen und dienen der Information. Eine rechtliche Gewähr für Vollständigkeit oder Aktualität kann nicht übernommen werden.

Die Behauptung: Gebaut wird auf jeden Fall – Der Regionalverband wird die Flächen zum 30.09.2025 für Windkraftanlagen ausweisen.
Die Einordnung: Das Gebiet liegt zwar grundsätzlich innerhalb einer möglichen Vorrangfläche – doch das heißt noch lange nicht, dass dort gebaut werden darf. Jeder einzelne Antrag muss erst ein aufwendiges Genehmigungsverfahren durchlaufen – und ob er überhaupt genehmigt wird, ist offen. Denn: Baugrund ist Karst – unklare Tragfähigkeit, die erst durch teure geotechnische Untersuchungen bestätigt werden muss. Grundwasserschutzauflagen: Eingriffe in Karstwasserleiter sind hochsensibel – Trinkwasserschutz. Drei Windräder sollen aber in Wasserschutzzone III stehen. Hinzu kommt: Das Gebiet gilt als Hangrutschzone – mit strengen baulichen Auflagen. Erschütterungsschutz und Drainage auf Hängen im Karstgestein sind sehr aufwendig. Es handelt sich um Bodenschutzwald – mit hoher Schutzfunktion für Wasser und Boden. Jeder Schwertransport zur Baustelle muss über neu geschaffene, verdichtete Wege erfolgen – mit Folgen für das Starkregen-Risikomanagement. Und: Wasser fließt bergab. Die Folgen trägt das Tal. Auch Lärm, Infraschall und die reale Windhöffigkeit müssen geprüft werden. Denn: Wenig Wind = wenig Strom = wirtschaftliches Risiko. Bevor man behauptet, „dort dürfen Windräder gebaut werden“, muss man viele ernste Fragen beantworten. Und zwar fachlich – nicht politisch.
Die Behauptung: Wenn sich die Gemeinde aus dem Projekt – wie im Bürgerbegehren gefordert – zurückzieht, heißt das nicht, dass auf dem Oberen Berg/Höllbühl keine Windräder gebaut werden; vielmehr werden die Flächen dann von anderen Grundstückseigentümern für diesen Zweck verpachtet.
Die Einordnung: Hier entsteht bewußt ein falscher Eindruck. Es wird suggeriert, im betroffenen Gebiet könnten mehrere Grundstückseigentümer großzügig Flächen für Windräder verpachten. Das ist schlicht irreführend. Die Wahrheit ist: Lediglich ein Eigentümer wäre dort überhaupt noch relevant: die ForstBW – und die verfügen nur über eine kleine Fläche. Laut Aussage des Projektierers JUWI beim Informationsabend der Gemeinde eignet sich diese Fläche nur für maximal zwei Windräder – was sich wirtschaftlich nicht lohnt. Und selbst das ist fraglich: Denn sollte Talheim tatsächlich ein Windrad aufstellen, müsste noch geprüft werden, ob dann die Windräder auf der Fläche der ForstBW dadurch überhaupt sinnvoll betrieben werden können – oder ob die sich gegenseitig den Wind nehmen und dadurch schlicht ausgebremst werden.
Die Behauptung: Wenn wir nicht bauen, baut die ForstBW und Talheim. Ab drei Windrädern wird immer gebaut.
Die Einordnung: Diese Aussagen blenden wirtschaftliche Realität aus. Entweder fehlen hier grundlegende betriebswirtschaftliche Kenntnisse – oder es wird bewusst ein verzerrtes Bild gezeichnet. Richtig ist: Laut Aussage des Projektierers JUWI beim Informationsabend wäre das Projekt erst ab mindestens fünf Windrädern überhaupt wirtschaftlich denkbar. Doch damit nicht genug: Sobald fünf Windräder geplant sind, muss zusätzlich ein Umspannwerk gebaut werden – Kostenpunkt: rund 2 bis 3 Millionen Euro. JUWI selbst geht deshalb davon aus, dass mindestens sieben Windräder nötig wären, damit sich das Projekt rechnet – vorausgesetzt, der Standort liefert auch genug Wind. Und genau das ist offen: Zum möglichen Windertrag konnten bislang keine konkreten Aussagen gemacht werden. Denn: Windmessungen über mehrere Monate müssten erst durchgeführt werden – die erfolgen aber nur, wenn die Vorplanungen ergeben, dass das Projekt überhaupt weiterverfolgt wird. Derzeitiger Stand: Selbst die Vorplanung ist noch nicht weit genug, um belastbare Aussagen zur Wirtschaftlichkeit oder zum Ertrag treffen zu können.
Die Behauptung: Die Gemeinde entgehen beträchtliche Pachteinnahmen, wenn dort nicht gebaut wird.
Die Einordnung: Es gibt bislang nicht einmal eine belegbare Zahl. Der Gemeinderat nennt/hat keine Zahlen, JUWI kann noch keine Zahl nennen, die Zahlen von dem Windpark Jungen Donau, die der Gemeinderat zur umfassenden Informationsbeschaffung besucht hat, sind geheim und der Gemeinderat hat dazu auch keine Auskunft erhalten. Laut unseren Quellen, rechnet man in Baden-Württemberg mit einem Betrag von 30.000 EUR pro Windrad und Jahr an einem Standort mit mittlerer Windgeschwindigkeit. Für Standorte in Schwachwindgebieten, wie unser, fallen deutlich niedrigere Pachteinnahmen an. Nach der aktuellen Planung (4 Windräder) könnte unsere Gemeinde also ca. zwischen 80.000 und 120.000 EUR pro Jahr an Gesamteinnahmen maximal rechnen. Das entspricht in etwa 1,5 -1,7 % des Haushaltes der Gemeinde Seitingen-Oberflacht. Dem gegenüber stehen aber auch Kosten – die Spanne reicht vom Brandschutzkonzept, Wasserverlust, Rückhaltebecken bis hin zu Rückstellungskosten. Eine Kosten-Nutzenanalyse, sowie eine Risikoanlyse fehlt bisher komplett.
Ein Beispiel für Rückstellungen – Der Rückbau eines Windrades
Bei Genehmigung einer Windkraftanlage muss der Betreiber eine Sicherheit hinterlegen, die die Rückbaukosten der Anlage sicherstellen soll: Die Gesamtkosten für den vollständigen Rückbau inkl. Fundament und Bodenerneuerung liegen inflationsbereinigt realistisch bei:- Fundament & Boden: ca. 326.900 € – Oberirdischer Rückbau: ca. 475.000 € → Gesamtsumme: ca. 800.000 €. In der Verwaltungspraxis werden Rückbaukosten häufig pauschal mit 1.000 € pro Meter Nabenhöhe oder 5 % der Investitionskosten angesetzt. Für eine moderne Windkraftanlage mit Baukosten zwischen 7 Mio. EUR und 12 Mio. € ergeben sich damit 160.000 € bis 600.000 € Rückstellung.
Der Landesrechnungshof Rheinland-Pfalz kritisierte 2024, dass Sicherheitsleistungen regelmäßig zu niedrig angesetzt werden. Bei einer Stichprobe von 170 Anlagen stellte er fest, dass die festgesetzten Sicherheiten (29 Mio. €) deutlich unter dem ermittelten Rückbaubedarf (55 Mio. €) lagen. Kommunen und Landeshaushalte tragen potenziell hohe finanzielle Risiken, falls Betreiber insolvent werden oder Rückstellungen nicht ausreichen.
Die Behauptung: Der Gemeinderat von Seitingen-Oberflacht hat sich intern auf die maximale Anzahl von 5 Windrädern auf der Gesamtfläche verständigt.
Die Einordnung: Klingt seriös, verschweigt aber die Fläche der ForstBW. Die schreibt ja ihre Fläche auch noch aus und laut Aussagen, passen da noch zwei weitere Windräder hin. Das heißt: In Summe wären wir schnell bei sieben Windrädern – und damit bei einem Windpark, der die gesamte Landschaft prägt. Wer ehrlich kommunizieren will, muss auch alle möglichen Entwicklungen offen benennen.
Die Behauptung: Alle sind sich einig, dass sich Seitingen-Oberflacht der Windkraftnutzung nicht verschließen darf. Wo soll der Strom in Zukunft herkommen?
Die Einordnung: 6 Gigawatt Leistung sind bis 2030 als Sektorenziel in Baden‑
Württemberg vereinbart -Dieses Ziel wird bereits heute übertroffen. Derzeit sind 792 Windkraftanlagen mit einer Leistung von 1,9 Gigawatt installiert (Stand Mai 2025). Weitere 147 Anlagen derzeit genehmigt, aber noch nicht in Betrieb, bei weiteren 214 laufen Genehmigungsverfahren und für weitere 774 Anlagen liegen ausgearbeitete Projekte vor. Das sind 1135 zusätzliche Anlagen und in Summe mehr wie die geforderten 6 Gigawatt. Zunächst sollte man aber sich selbst prüfen. Gibt es überhaupt eine regionale Energiestrategie und wie würde der Standort dazu überhaupt passen. Ein planloses Handeln aus rein finanziellen Interessen, kehrt sich unter diesen Vorzeichen sehr schnell in das Gegenteil um.
Die Behauptung: Der Klimawandel betrifft uns alle – Wir müssen unseren Beitrag leisten
Die Einordnung: Seitingen-Oberflacht stößt ungefähr 7.000 Tonnen C02 pro Jahr aus. Wieviel CO2 sparen wir mit diesen Windrädern konkret hier vor Ort ein?
Ein schlechtes Projekt schadet dem Klimaschutz mehr als kein Projekt. Solar, Nahwärme, Geothermie, Biomasse und Einsparung bieten mehr Nutzen bei weniger Eingriffen und deutlich geringeren Kosten, ganz abgesehen von der richtigen Reihenfolge des Handelns. Wenn man schon global denken will, sollte man zumindest vorher regional handeln.
Nicht alles – aber das Wesentliche.
Wir können und wollen an dieser Stelle nicht jede einzelne Behauptung kommentieren. Stattdessen haben wir bewusst einige Beispiele ausgewählt, um die Dynamik der aktuellen Diskussion deutlich zu machen – und wie Ursache und Wirkung oft ineinandergreifen.
Wer sich dabei welchen Vorteil von bestimmten Darstellungen verspricht – oder wer schlicht unzureichend informiert ist, aber dennoch die öffentliche Meinung prägt –, das können Sie selbst beurteilen.
Was uns wichtiger ist: Auf unseren Themenseiten stellen wir gezielt Informationen bereit – fundiert, nachvollziehbar und vertiefend. Dort finden Sie alles, was Sie zur eigenen Meinungsbildung brauchen.
Die Argumente, Behauptungen und Aussagen der Gemeinde
Wie transparent sind die Gemeindeinformationen zum Projekt und vor allem, wie belastbar?
Die Gemeinde stellt keine offiziellen Dokumente bereit, die eine Ihrer Behauptungen stützt. Superlative wie Hochlukrativ, äußerst attraktive Standorte für Windkraft, erhebliche Pachteinnahmen werden zwar ständig benutzt, aber durch keinen Nachweis gestützt. Bislang handelt es sich um reine Behauptungen oder Wunschdenken, jedenfalls ohne irgendeinen Nachweis. Risiken, Kosten und Auswirkungen werden komplett ausgeklammert und nicht erwähnt.
Unsere Einordnung als Bürgerinitiative
Welche Quellen liegen den Informationen auf dieser Seite zugrunde?
Unsere Inhalte basieren auf offiziellen Unterlagen, öffentlichen Quellen und direkten Aussagen der Projektverantwortlichen, die sie selbst mit wenigen Klicks überprüfen können. Da wir auf dieser Seite zunächst nur die allgemeinen Aussagen veröffentlichen, und das auch nur als kleinen Auszug, finden sie die Quellennachweise auf unseren ausführlichen Seiten, die wir zu den jeweiligen Themengebieten veröffentlicht haben.